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SPINNER automation

„Bei SPINNER automation sind technische Entscheidungen die alleinige Sache der Mitarbeiter. So kann sich die Geschäftsführung ganz der strategischen Planung widmen. “

Ein Unternehmen, das automatisierte Produktionsprozesse mit Zerspanungsmaschinen entwickelt – mit dieser Geschäftsidee gründeten Dominik Jauch und sein Vater Manfred im Jahr 2002 die SPINNER automation GmbH.

Damals war Dominik Jauch noch Maschinenbau-Student. Manfred Jauch kündigte für den Sprung in die Selbständigkeit nach langjähriger Festanstellung seine Arbeitsstelle als Maschinenbautechniker. Das damals fünfköpfige Gründungsteam des Familienunternehmens mit Sitz im baden-württembergischen Markgröningen wuchs zu einem regionalen Vorzeigeunternehmen mit heute 70 Mitarbeitern, das Internationale Branchenriesen wie ABB, Pelikan und ElringKlinger zu seinen Kunden zählt.

Dominik Jauch (39) wohnt mit seiner sechsköpfigen Familie auf einem Bauernhof in Rottweil im Schwarzwald. Seine private Leidenschaft gilt der Zucht von Angus-Rindern.

1. Das Unternehmen: Beschreiben Sie bitte Ihr Unternehmen – sofern Sie Informationen preisgeben dürfen: Wie viele Mitarbeitende haben Sie an wie vielen Standorten? Wo ist Ihr Firmensitz? Wann wurde das Unternehmen gegründet? Welchen Jahresumsatz erwirtschaften Sie? Welche Produkte / Dienstleistungen bieten Sie an?

Die SPINNER automation GmbH entwickelt technische Lösungen für die Automatisierung kniffliger Produktionsprozesse. Unser Produkt: Maschine plus Bearbeitungsprozess (z.B. Drehbearbeitung) plus Automation (z.B. Roboter). Unsere Stärke ist das spezielle und tiefe Knowhow bezüglich der Zerspanungsmaschinen. So sind wir in der Lage, den Automationsprozess nicht nur anzugliedern, sondern zeit-, raum- und kostensparend zu integrieren.

Unser Unternehmen hat drei Produktionshallen mit Büros im Gewerbegebiet von Markgröningen. Wir machen einen Jahresumsatz von 15 Milionen Euro und beschäftigen 70 Mitarbeiter: Maschinenbautechniker, Industriemechaniker, Mechatroniker und Verwaltungsangestellte.

2. Weshalb der Kulturwandel: Schreiben Sie etwas darüber, wann und weshalb Sie einen kulturellen Wandel begonnen haben. Wer in Ihrem Unternehmen hat ihn initiiert und was genau wollten Sie seinerzeit damit erreichen? War eher „Pain“ (bspw. hohe Krankenrate, massive Fluktuation, schlechte Mitarbeiterzufriedenheit o.ä.) oder „Pleasure“ (bspw. die Vision von Einzelnen/einer Gruppe, wie es sein könnte, andere Unternehmen, die sie inspiriert haben o.ä.) die treibende Kraft hinter der Veränderung?

Ich bin ein unruhiger Geist und schnell bei Veränderungen. Bis zum Jahr 2013 hatten wir schon mehrmals die Strukturen im Unternehmen verändert, immer „von oben“ initiiert. Doch ich sehnte mich zurück in die Anfangsjahre unseres Unternehmens, als unser Team klein war und auf Zuruf funktionierte. Damals waren die Aufgaben transparent, alle wussten über die Fähigkeiten und Bedürfnisse ihrer Kollegen Bescheid und alle waren mit Motivation bei der Sache.

All das war mit den Jahren verloren gegangen. Ich als Geschäftsführer verbrachte meine Zeit nur noch damit, Aufgabenbereiche einzuteilen. Unsere Abteilungsleiter liefen im Zickzack durch die Abteilungen und trugen Informationen von einem zum anderen. Aber der Informationsfluss wird ja nicht besser dadurch, dass man immer kompliziertere Kommunikationswege aufbaut. Im Gegenteil: Die Abläufe verlangsamen sich und die Motivation der Mitarbeiter geht flöten. Wir waren in einem Teufelskreis gefangen.

Ich begann, Bücher zu lesen und mich mit agilen Formen der Selbstorganisation auseinanderzusetzen. Dabei wurde mir klar: Da es keine Kochrezepte für die Entwicklung von Produkten gibt, sind Anweisungen von oben sinnlos. Die Aufgabe der Geschäftsführung ist es nicht, den Mitarbeitern zu sagen, was sie tun sollen, sondern geeignete Rahmenbedingungen für die Selbstorganisation zu schaffen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in den Menschen.

3. Was bisher geschah: Was wurde konkret unternommen, um eine Veränderung zu erreichen? Was ist jetzt bereits anders also zuvor … sichtbar, spürbar oder vielleicht auch messbar? Wie viele Mitarbeitende können den (positiven) Einfluss der Veränderung wahrnehmen?

Unser Ziel ist, unser Unternehmen durch Selbstorganisation so aufzustellen, dass es in der Lage ist, fortwährend auf Marktveränderungen zu reagieren. Meiner Einschätzung nach ist das eine gute Möglichkeit, auf die Zukunft vorbereitet zu sein. Das klassische Maschinenbauumfeld wird sich in Zukunft stark wandeln. In welcher Weise, das wissen wir alle nicht. Ich glaube aber, dass Unternehmen, die heute noch organisiert sind wie vor 20 Jahren, diesen Wandel nicht überleben werden. Die Welt dreht sich immer schneller und Unternehmen brauchen Organisationsformen, die auch mit dem Unplanbaren umgehen können.

Man sagt „der Fisch stinkt vom Kopf“ und meint damit: Die Führungskräfte sind schuld, wenn es Probleme gibt. Genauso denke ich, dass für den Weg in eine Selbstorganisation die Basis in der entsprechenden Grundhaltung der Führung liegt.

Ich habe gelernt und lerne noch, mich selbst zu reflektieren und Verantwortung abzugeben. Ich muss immer noch aufpassen, dass ich nicht in die alten hierarchischen Muster zurückfalle. Mein großes Glück ist: Ich habe Mitarbeiter, die mir ihre Meinung sagen. Wenn ich eine Entscheidung getroffen habe, die von den Mitarbeitern nicht mitgetragen wird, dann sagen sie mir das sofort.

Um den Kulturwandel zu initiieren, haben wir ein Kernteam gegründet. Dieses besteht aus der Geschäftsführung – also meinem Vater und mir – und drei weiteren Führungskräften aus verschiedenen Abteilungen. Seit dem Jahr 2014 gehen wir in vierteljährlichem Rhythmus für zwei Tage in Klausur und nutzen dafür eine externe Beraterin. Der Abstand zum Alltag hilft, die aktuellen Probleme auf einer anderen Ebene zu betrachten. Unser Ziel dabei ist, uns selbst in unserer klassischen Führungsrolle überflüssig zu machen. Wir wollen den Wandel einleiten und versuchen den dafür geeigneten Rahmen zu setzen, damit sich die Kultur verändern kann. Das ist anders, als neue Methoden einzuführen, aber – wie wir finden – nachhaltiger und wirkungsvoller.

Im Jahr 2015 fand der erste Zukunftsworkshop für die gesamte Belegschaft statt. Zu der Zeit hatten wir noch rund 50 Mitarbeiter. Das Grundgefühl damals war: Der Karren steckt im Dreck. Die Leute sind unmotiviert, weil zu viel Zeit damit verloren geht, Detailfragen hin und her zu kommunizieren. Ein Ergebnis aus dem Tag war: Die Herausforderungen der Zukunft können wir nur gemeinsam stemmen. Darum muss sich nicht nur die Haltung der Mitarbeiter zu ihrem Aufgabenbereich verändern, auch das Verständnis für die Kollegen muss sich verbessern.

Seitdem haben immense Veränderungen stattgefunden – jedoch eher in einem schleichenden Prozess als durch einen harten Cut. Heute planen die Teams ihre Arbeit selbst. Die notwendigen Informationen dafür sind transparent. Die Kollegen, die miteinander Fragen zu klären haben, suchen und finden sich gegenseitig. Das alles läuft ohne jede Anweisung von oben.

Darüber hinaus findet ein- bis zweimal im Jahr ein Zukunftsworkshop statt, wo jeder Mitarbeiter, der Lust dazu hat, an den Zukunftsfragen unseres Unternehmens mitarbeiten kann. Jeder bringt seine Ideen ein, dann wird gemeinsam bewertet, welche Themen für unser Unternehmen Priorität haben. Auf unserem letzten Zukunftstag kamen die verschiedensten Fragen auf den Tisch: Wie bringen wir mehr Transparenz in die Arbeitsabläufe, so dass alle ständig auf dem Laufenden sind? Unsere Technikfreaks hatten Ideen für neue Produkte. Und gemeinsam haben wir beschlossen, dass wir das agile Arbeiten künftig als Beratungsdienstleistung für andere Unternehmen anbieten wollen. Darüber hinaus ging es um die Frage, ob wir künftig eine weitere Gewerbehalle brauchen.

Probleme identifizieren, Lösungen finden, Entscheidungen treffen – all das regeln die Mitarbeiter untereinander. Die Arbeitsatmosphäre ist heute sehr viel besser als damals. Die Kollegen sehen wieder einen Sinn in dem, was sie tun. Und wenn die Stimmung gut ist, dann klappt auch die Kommunikation. Obendrein ist bei uns jeder am Unternehmensgewinn beteiligt. Agil zu sein bedeutet für uns auch dieselbe Unternehmensvision zu haben, und das eigene Handeln – transparent für alle – daran ausrichten.

4. Widerstände: Wann und wo in diesem Prozess haben Sie Widerstände wahrgenommen? Das könnten beispielsweise Mitarbeitende sein, die offen Kritik an der Veränderung geäußert haben. Es können aber auch innere, bisweilen auch unbewusste Widerstände sein. Wie sind Sie damit umgegangen und haben diese überwunden?

Widerstände würde ich es nicht nennen, aber es gab schon große Skeptiker, die ihre Meinung auch geäußert haben. Heute zeigen unsere Mitarbeiter ihre Arbeitsweise an öffentlichen Praxistagen einem Publikum, das sich aus den Chefs und Führungskräften interessierter Firmen zusammensetzt. Wenn die Skeptiker von früher heute stolz ihre Arbeitsweise präsentieren, dann sind das meine persönlichen Gänsehaut-Momente.

5. Vorbilder: Welche Vorbilder gab es vor oder während des bisherigen Prozesses? Das können externe Personen oder Firmen sein. Möglicherweise aber auch interne Meinungsbildner oder andere Menschen in Schlüsselpositionen. Welchen Einfluss hatten diese Vorbilder?

6. Verbundenheit: Welche Veränderung der Verbundenheit der Mitarbeitenden können Sie wahrnehmen? Was hat zu einer Veränderung geführt? Was hat sich durch die Verbundenheit verändert?

In unseren frühen Unternehmenstagen, als wir noch eine kleine Belegschaft hatten, war die Verbundenheit unter den Mitarbeitern hoch: Die Wege waren kurz, man kannte sich. Mit wachsender Unternehmensgröße ist das verloren gegangen. Momentan habe ich das Gefühl, dass die Offenheit wiederkommt – trotz der schnell wachsenden Mitarbeiterzahl.

Bei uns fühlt sich jeder im Team auch persönlich für das Produkt verantwortlich, das der Kunde erhalten soll. Und die gemeinsame Verantwortung verbindet, die Kollegen verlassen sich aufeinander. Dadurch entsteht eine Verbindlichkeit untereinander, die auch eingefordert wird, wenn es hart auf hart kommt. In den Projektnachbesprechungen werden problematische Situationen während des Arbeitens nochmal aufgegriffen und aufgearbeitet. Das ist wichtig, damit sich das Team nicht nur fachlich sondern auch als Team weiterentwickeln kann.

7. (Mit-)Gestaltung: Wann haben während dieses Veränderungsprozesses die Mitarbeitenden mitgestalten können? Welchen Einfluss hatte das auf das bisherige Gelingen des Prozesses? Hat sich das Thema der Mitgestaltung bereits in anderen Bereichen (ausserhalb des Veränderungsprozesses) in Ihrem Unternehmen verändert. Beispielsweise, indem Rahmenbedingungen der eigenen Arbeit autonom definiert werden können. Gibt es ggf. zukunftsweisende Konzepte für Arbeitszeit, Anwesenheit und/oder Steuerungs- und Organisations-Strukturen?

Als die Entscheidung getroffen war, dass wir mit dem Veränderungsprozess starten, haben die Teams direkt damit begonnen, sich ihre Rahmen zu setzen. Auch wenn das damals noch eher holprig vonstatten ging, war die Erfahrung für die Menschen wichtig, dass nichts mehr über ihre Köpfe entschieden wird.

Inzwischen nehmen mehr und mehr Kollegen wahr, dass sie sich mit all ihren Fähigkeiten einbringen können und sollen. Beispielsweise gibt es in unserem Team einen passionierten Fotografen und Filmer. Der dreht Videos, die sind einfach cool. Das können wir natürlich in unserem Unternehmen wunderbar gebrauchen. Ein anderer Mitarbeiter – eigentlich ist er Elektriker – entdeckte eines Tages sein Faible für Robotik. Jetzt nutzt er jede Chance, die sich bietet, sich dort einzuarbeiten. Und eine Kollegin backt leidenschaftlich gern. Darum gibt es jedes Mal, wenn das Unternehmen Gäste hat, selbst gebackene Kuchen für alle. Dies sind nur wenige Beispiele für ein Engagement, das nicht an der Stempeluhr endet und das uns gegenseitig bereichert und befruchtet.

8. Vertrauen: Welche Protagonisten erleben Sie in Ihrem Unternehmen, die ein hohes Maß an Vertrauen/Glauben in ihre Kollegen in sich tragen? Welchen Einfluss hat dieser Glaube auf die Potenzialentfaltung Einzelner/ganzer Teams? Gab es Situationen während des Kulturwandels, in denen das besonders wichtig war und falls ja: Welche waren das?

Unsere Kultur basiert auf einem positiven Menschenbild. Jeder einzelne vertraut seinen Kollegen und glaubt an sie. Ohne diese Grundhaltung kann ein solcher Teamzusammenhalt gar nicht erreicht werden. Wir stecken hier niemanden in Schubladen, sondern unterstützen ihn in allem, mit dem er sich einbringt.

Wenn sich dabei allerdings herausstellt, dass ein Kollege von der Grundhaltung her nicht hereinpasst, dann trennen wir uns von ihm. Bislang ist das jedes Mal in gegenseitigem Einvernehmen und mit großer Wertschätzung gelungen. Wir haben uns teilweise persönlich dafür eingesetzt, den ausscheidenden Kollegen in eine andere Arbeitsstelle zu vermitteln.

9. Erfahrungen: Ermöglich Ihr Unternehmen den Mitarbeitenden, durch Erfahrungen über sich hinaus zu wachsen und könnten Sie exemplarisch beschreiben, wie das geschieht? Gab es während der Kulturveränderungsphase Situationen, in denen Menschen neue, günstige Erfahrungen machen konnten – und falls ja: Was hat sich dadurch verändert?

Durch Erfahrungen über sich selbst hinauszuwachsen, diese Möglichkeit bietet SPINNER automation seinen Auszubildenden gezielt an. Wir bilden aus in den Berufen Industriekaufmann/frau, Technisches Produktdesign, Mechanik und Mechatronik. Über die Ausbildungszeit hinweg vertrauen wir unseren Azubis ein gemeinsames Maschinenbauprojekt an. Von der Ideensammlung über die Konstruktion, die Montage und die Programmierung sind die Azubis die Verantwortlichen des Projektes. Was dabei dann herauskommt, ist jedes Mal erstaunlich. Unser letzter Ausbildungsjahrgang beispielweise hat einen Cocktail-Mix-Roboter entwickelt: Unsere Auszubildenden haben aus einer Skizze eine Roboterzelle gebaut. Die Innovation haben wir auf einer Veranstaltung in unserer Maschinenhalle präsentiert – mit 300 Gästen, Ton- und Licht-Show und DJ! Ein Unternehmerkollege sagte damals erstaunt zu mir: „Was bei uns eine Aufgabe für Ingenieure wäre, das bauen bei euch die Azubis!“. Und tatsächlich: Unsere Auszubildenden brennen für ihre Ideen. Mit der Unterstützung der Fachleute aus dem Hause wird daraus ein neues Produkt. Genau das wollen wir: Wir brauchen keinen Wettbewerb der besten Noten, sondern einen Wettbewerb der besten Ideen.

10. Sinnhaftigkeit: Wodurch erleben die Menschen in Ihrem Unternehmen Sinnhaftigkeit in Ihrem Handeln? Sind es die Produkte und Dienstleitungen? Ist es die Art, wie von Vorgesetzten mit Arbeitsergebnissen umgegangen wird? (Bspw. durch Beachtung und Lob). Hat sich dieser Aspekt während der Arbeit an der Unternehmenskultur verändert? Falls ja, wodurch ist das genau geschehen und welchen Einfluss auf (einzelne) Mitarbeitende können Sie feststellen? Unterstützt Ihr Unternehmen bspw. Gemeinwohl auch außerhalb der Unternehmensgrenzen. Ist Ihre Organisation in der Lage, bei aller Alltagsroutine auch noch nach dem gesellschaftlichen Sinn fragen und mit Fürsorge und Engagement wiederum das eigene Team motivieren.

In unserer Heimatstadt engagiere ich mich bei der freiwilligen Feuerwehr. Wer dort arbeitet, der steht, wenn es sein muss, um Mitternacht bei Minusgraden auf – nicht wegen Bewunderung oder Geld, sondern weil er einen Sinn sieht in dem, was er tut. Dasselbe ist auch in Unternehmen möglich – nicht durch allerlei künstliches Drumherum, sondern durch die Sinnhaftigkeit der laufenden Projekte und größtmögliche Transparenz in jeder Hinsicht.

Sinnhaftigkeit, so scheint es mir, ist die Basis für intrinsische Motivation, und kann nicht durch Lob vom Chef ersetzt werden. Sie muss aus der Arbeit selbst kommen. Ich halte es für die Aufgabe der Geschäftsführung, dem Unternehmen eine sinnhafte Vision voranzustellen und die Rahmenbedingungen für ein positives Menschenbild zu schaffen. Dann kann man sich im Team über gemeinsame Erfolge freuen und es gibt Raum für gegenseitige Wertschätzung.

11. Achtsamkeit: Das ist die Königsdisziplin, um Menschen in einem Unternehmen zu stabilisieren und Ihnen zu helfen, über sich hinaus wachsen zu lassen. Zugleich wird es oftmals „nur“ als Maßnahme des betrieblichen Gesundheitsmanagements gesehen. Manche Unternehmen nutzen es inzwischen als ein Instrument in der Führungskräfteentwicklung. Ist Achtsamkeit bereits ein Thema in Ihrem Unternehmen und wie wird es eingesetzt? Was berichten die Menschen bei Ihnen, welchen Einfluss Achtsamkeit/Achtsamkeitsseminare (wie bspw. MBSR) auf den eigenen Alltag hat? Hat Achtsamkeit eine wichtige Rolle während Ihres Kulturwandelprozesses gespielt?

12. Kooperation: Hat Ihr Unternehmen begonnen, die Arbeit auf innovative Art und Weise zu organisieren z.B. in offenen Netzwerkstrukturen. Statt seitenlanger Verträge vielleicht durch neue Formen der Zusammenarbeit mit Dritten (externen Firmen, Dienstleistern und Freelancern oder vielleicht sogar Wettbewerbern). Der dahinterstehende Gedanke: Kooperation statt Konkurrenz.

Früher zählte unser Unternehmen zu den typisch schwäbischen Alles-Selbermachern. Inzwischen haben wir gelernt, uns auf unsere Kernkompetenzen zu konzentrieren und Teilbereiche an andere Unternehmen auszulagern.

Um zu reflektieren und sich gegenseitig auf neue Ideen zu bringen, haben wir zusammen mit anderen agil organisierten Unternehmen eine Community im Open Source-Format gegründet. Dort gibt es etwa eine Bewerberplattform, wo wir Stelleninteressenten, die in agilen Unternehmen arbeiten wollen, untereinander vermitteln.

Darüber hinaus pflegen wir Netzwerkstrukturen mit offenen Türen. Andere Unternehmen sind eingeladen, sich anzuschauen wie wir arbeiten. Wir haben keine Angst davor, unser Knowhow preiszugeben. Je erfolgreicher die Unternehmen unserer Region und unseres Landes sind, desto stärker profitieren letzten Endes auch wir.

13. Demokratie: Werden Unternehmensentscheidungen bei Ihnen demokratisch getroffen – kann die Basis beispielsweise mitbestimmen, welche Strategie das Unternehmen verfolgt? Gibt es ggf. andere Bereiche wie Gehalt, Struktur oder Personalentscheidungen, die von vielen Mitarbeitenden mitentschieden werden?

Unsere Mitarbeiter sind eingeladen, während der Zukunftstage an unserer unternehmerischen Zukunftsvision und –strategie mitzuarbeiten. Darüber hinaus überlassen wir ganze Bereiche ihrer Selbstbestimmung. Aus der Abstimmung von Arbeitszeit und Urlaubsplanung halten wir uns als Geschäftsführung ganz heraus. Und wenn SPINNER automation neue Kollegen sucht, dann entscheidet das Team, wen wir einstellen. Das ist die beste Garantie, dass das Zwischenmenschliche stimmt – in der Einarbeitungsphase und in der tagtäglichen Zusammenarbeit. Das hat sich herumgesprochen. Bewerbermangel haben wir nicht, obwohl in unserer Branche Fachkräftemangel herrscht.

14. Diversität: In der internationalen Arbeitswelt beweisen hinsichtlich Geschlecht, Herkunft oder Alter gemischte Teams die bessere Performance. Unternehmen, die unterschiedliche Hintergründe und Erfahrungen erfolgreich einbinden, sind gefragt. Die Einbeziehung vieler Perspektiven steht im Vordergrund.

Wir suchen engagierte, fähige Leute, die Lust haben, sich einzubringen. Hautfarbe, Geschlecht, Alter oder Religion spielt für uns keine Rolle. Dabei ist über die Jahre tatsächlich eine gut durchmischte, sehr schätzenswerte Mannschaft zusammengekommen, deren Vielfalt eine große Stärke bildet.

Gerade haben wir uns entschlossen, einen jungen Flüchtling aus Afghanistan auszubilden – außer der Reihe, obwohl wir in diesem Jahr regulär gar keine Ausbildungsstellen ausgeschrieben haben. Aber der junge Mann hat die Kollegen während eines Schulpraktikums so sehr von sich eingenommen, dass sie sich für ihn sehr stark gemacht haben. Über Integration brauchen wir uns in so einem Fall keine Sorgen zu machen.

15. Was hätten Sie anders gemacht? Nur einmal angenommen, Sie könnten sich durch die Zeit hinweg einen Rat an sich selbst geben … gäbe es etwas, was Sie sich raten würden anders zu machen, als Sie damals den Kulturwandelprozess begonnen haben?

Gezielt Unterstützung in Anspruch zu nehmen für diesen Wandelprozess, kam mir damals nicht in den Sinn. Heute empfehle ich dies, da das eigene Experimentieren leider oft vermeidbare Schäden verursacht. Mein Ziel ist heute, alle Mitarbeiter mitzunehmen und einzubinden, und auf diese Weise Irritationen durch einen unklaren Kurs zu minimieren. Hierfür sind der Erfahrungsaustausch und die externe Beratung hilfreich. Es ist auch wichtig, die eigene Haltung immer wieder zu überprüfen und zu korrigieren. Dafür nutzen wir regelmäßig externe Unterstützung oder unser Netzwerk.