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Mike Bronner & Gero Leson | Dr. Bronner`s

Mike Bronner

Gero Leson

1929 emigrierte Emanuel Heilbronner mit einigen Seifenrezepten im Gepäck in die USA. Wenige Jahre später starben seine in Deutschland verbliebenen Eltern in Konzentrationslagern – Emanuel hat seitdem das „Heil“ aus seinem Nachnamen gestrichen. Mit neuem Namen und altem Seifenrezept gründet er „Dr. Bronner`s Magic Soap“ und legte den Grundstein für die inzwischen meistverkaufte Naturseifenmarke der USA – Schauspieler wie Drew Barrymore und Sandra Bullock wurden Markenbotschafter.

Mit seinen über 250 Mitarbeitern und 120 Millionen Dollar Jahresumsatz ist Dr. Bronner`s eigentlich fast sowas wie ein NGO, das auch noch Seife produziert: 36 Prozent des Profits werden in gemeinnützige Zwecke investiert. Im Jahr 2017 kaufte die Firma beispielsweise ein neues Schiff für die Umweltschutzorganisation Sea Shepherd. Die Geschäftsführer haben ihr eigenes Gehalt auf das maximal fünffache des Durchschnittsgehaltes reduziert – in den USA liegt der Durchschnitt beim Faktor 271!

Ich sprach zum einen mit Mike Bronner, Enkel von Emanuel Bronner, – dem Bodenständigen. Zusammen mit seinem Bruder David, einem eigenwilligen Harvard-Absolventen, der die Rolle des CEO (Cosmic Engagement Officer) innehat, und ihrer Mutter Trudy leitet das Trio die Firma. Mein zweiter Gesprächspartner war Gero Leson, Vice President of Special Operations. Gebürtiger Kölner und ursprünglich Physiker bezeichnet er sich selbst als Alt-Linken, der irgendwann festgestellt hat, dass Regierungen meist nicht die Welt verbessern und es hier grossen Handlungsspielraum für engagierte Firmen gibt.

Als US-amerikanisches Unternehmen mit einem europäischen Vertrieb in Deutschland sind manche der besprochenen Aspekte nicht 1:1 auf den deutschsprachigen Markt übertragbar. Doch nachdem das Unternehmen uns ansprach und ich mich etwas mit der Arbeitsweise auseinander setzte, stellten ich fest, dass es so aussergewöhnlich ist, dass es bedauerlich wäre, nicht darüber zu berichten.

Mike Bronner

Mike Bronner

1929 emigrierte Emanuel Heilbronner mit einigen Seifenrezepten im Gepäck in die USA. Wenige Jahre später starben seine in Deutschland verbliebenen Eltern in Konzentrationslagern – Emanuel hat seitdem das „Heil“ aus seinem Nachnamen gestrichen. Mit neuem Namen und altem Seifenrezept gründet er „Dr. Bronner`s Magic Soap“ und legte den Grundstein für die inzwischen meistverkaufte Naturseifenmarke der USA – Schauspieler wie Drew Barrymore und Sandra Bullock wurden Markenbotschafter.

Mit seinen über 250 Mitarbeitern und 120 Millionen Dollar Jahresumsatz ist Dr. Bronner`s eigentlich fast sowas wie ein NGO, das auch noch Seife produziert: 36 Prozent des Profits werden in gemeinnützige Zwecke investiert. Im

Gero Lason

Gero Lason

Jahr 2017 kaufte die Firma beispielsweise ein neues Schiff für die Umweltschutz-Organisation Sea Shepherd. Die Geschäftsführer haben ihr eigenes Gehalt auf das maximal fünffache des Durchschnittsgehaltes reduziert – in den USA liegt der Durchschnitt beim Faktor 271!

Ich sprach zum einen mit Mike Bronner, Enkel von Emanuel Bronner, – dem Bodenständigen. Zusammen mit seinem Bruder David, einem eigenwilligen Harvard-Absolventen, der die Rolle des CEO (Cosmic Engagement Officer) innehat, und ihrer Mutter Trudy leitet das Trio die Firma. Mein zweiter Gesprächspartner war Gero Leson, Vice President of Special Operations. Gebürtiger Kölner und ursprünglich Physiker bezeichnet er sich selbst als Alt-Linken, der irgendwann festgestellt hat, dass Regierungen meist nicht die Welt verbessern und es hier grossen Handlungsspielraum für engagierte Firmen gibt.

Als US-amerikanisches Unternehmen mit einem europäischen Vertrieb in Deutschland sind manche der besprochenen Aspekte nicht 1:1 auf den deutschsprachigen Markt übertragbar. Doch nachdem das Unternehmen uns ansprach und ich mich etwas mit der Arbeitsweise auseinander setzte, stellten ich fest, dass es so aussergewöhnlich ist, dass es bedauerlich wäre, nicht darüber zu berichten.

Sebastian Purps-Pardigol: Herr Bronner, Sie beschreiben sich und Ihre Familie eher als Aktivisten denn als Unternehmer. Die Idee Ihres Grossvaters Emanuel Bronner war es, durch das eigene Unternehmen die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Nun sind Sie Eigentümer und müssen sich mit ganz weltlichen Dingen, wie einer ständig wachsenden Organisation beschäftigen – wie bringen Sie die beiden Aspekte zusammen?

Mike Bronner: Zu unseren ewigen Zielen gehört es, das Unternehmen Dr. Bronner`s zu einem wunderbaren Arbeitsplatz zu machen. Das bedeutet vor allem, die Arbeit mit Qualität und Lebenssinn zu verbinden. Vor 18 Jahren hatten wir noch 15 Mitarbeiter, dieses Jahr haben wir bereits 260. Wenn man wächst, dann entsteht interne Konkurrenz – wir müssen aufpassen, denn das kann schnell ungesund werden. Als Unternehmensleitung ist es unser Job, den Fokus der Mitarbeiter immer wieder zu verändern – die Menschen sollen sich nicht miteinander messen, sondern das Gemeinsame im Blick haben. Wir tun das immer wieder, indem wir ihnen vermitteln: „Mein Bruder, meine Mutter und unsere ganze Familie, wir können ihnen nicht genug danken, dass Sie uns unterstützen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen“.

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Wir produzieren eine Seife, die die ganze Welt sauber macht!

Gero Leson: Die Idee, das Unternehmen zu nutzen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen, hat einen starken Einfluss auf unser Betriebsklima. Ich spüre das auf allen Hierarchieebenen. Jeder ist davon überzeugt, dass wir die beste Seife der Welt machen – sowohl im ganz konkreten Sinne als auch im philosophischen. Wir sind sehr profitabel und nutzen über ein Drittel unserer Gewinne, um philantrophische and aktivistische Ziele zu verfolgen. Das ist ein starker Treiber für die Zusammenhalt der Belegschaft. Wir sagen gerne: „Wir produzieren eine Seife, die die ganze Welt sauber macht.“

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Wir produzieren eine Seife, die die ganze Welt sauber macht!

Sebastian Purps-Pardigol: Gibt es denn dann überhaupt noch Mitarbeiter, die Ihr Unternehmen freiwillig verlassen?

Mike Bronner: Die Zahlen derer, die unser Unternehmen verlassen, sind tatsächlich verschwindend gering. Nahezu jeder Mitarbeiter, der in den vergangenen zehn Jahren gegangen ist, wollte in den Ruhestand oder musste aus familiären Gründen umziehen.

Sebastian Purps-Pardigol: Welche Gründe nennen denn Bewerber und neue Mitarbeiter, weshalb sie bei Dr. Bronner arbeiten wollen?

Mike Bronner: Weil sie das grosse Unternehmensziel sehen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Und weil ihnen klar ist, was für einen guten Arbeitsplatz wir bieten. Viele Mitarbeiter kommen mit ihren Fähigkeiten aus dem traditionellen Business zu uns. Sie erzählen: „In meinem alten Unternehmen gab es Probleme mit einer anderen Abteilung, und alle dort waren der Meinung, das sei allein mein Problem!“. So etwas gibt es bei uns nicht: Wir sehen uns als grosse Gemeinschaft an – auch oder insbesondere nach all den Jahren. Wir haben hier ein 120 Millionen Dollar-Startup, und darin gibt es eine Energie, die von unten nach oben aufsteigt. Die Mitarbeiter spüren das und wir bekommen das spätestens zum Jahresende zu lesen, da sie uns eine Menge Weihnachtskarten schreiben.

Gero Leson: Wir nutzen unsere Produkte ja auch für unsere gesellschaftlichen und politischen Statements. Ganz konkret drucken wir unsere Meinung auf die Verpackungen der Seifen. Das sind teilweise ganze Geschichten, die man dort nachlesen kann. Das verleiht dem Aspekt des grossen Unternehmensziels noch eine ganz andere Authentizität.

Ein Aspekt, der in Deutschland kein so grosses Thema ist, in den USA einen fortschrittlichen Arbeitgeber aber auszeichnet ist, dass ein mittelständisches Unternehmen wie Dr. Bronner Sozialleistungen erbringt wie beispielsweise eine Krankenversicherung, die die gesamte Familie des Angestellten abdeckt. Mit freier Arztwahl und ohne Zuzahlung des Angestellten.

Mike Bronner: Unsere Gewinne sollen nicht nur Menschen ausserhalb des Unternehmens helfen, sondern auch innerhalb der Firma. Wir wollen, dass die Mitarbeiter finanziell so sorgenfrei wie möglich leben können. Unsere niedrigsten Gehälter liegen daher auch 40 Prozent über dem Mindestlohn in Kalifornien.

Auf die Verpackung druckt das Unternehmen politische Statements

Sebastian Purps-Pardigol: Ihre Mitarbeiter fühlen sich also wie in einem Startup. Dennoch haben Sie eine Hierarchie aufgebaut, ohne den Gründergeist zu zerstören. Wie haben Sie das geschafft?

Mike Bronner: In einem Startup kann jeder mit Ideen kommen, die dann auch aufgegriffen werden. Das bindet die Mitarbeiter, es bringt Erfolgserlebnisse. Das bemerken wir auch hier. Wir sorgen dafür, dass wir Ideen weiterhin mit der gleichen Geschwindigkeit umsetzen, wie früher. Wir entwickeln uns ständig weiter. 

Sebastian Purps-Pardigol: In den 60er-Jahren hatte das Unternehmen Ihres Grossvaters dann den Durchbruch, da aus der Hippiebewegung eine neue, umweltbewusste Zielgruppe erwuchs, die seine biologischen Seifen mit den politischen Statements mochte …

Mike Bronner: Wir holen alle Beteiligten in einen Raum, jeder kann sich einbringen und seine Meinung teilen und dann treffen wir eine Entscheidung. Das dauert manchmal nur 15 Minuten. Das Mitgestalten-lassen macht einen grossen Unterschied!

Sebastian Purps-Pardigol: Ihr Bruder hat den Titel des CEO – des Cosmic Engagement Officer. In dieser Rolle hat er sich vor dem Weissen Haus in Washington in einen Käfig gesetzt und Nutzhanf geerntet, um dessen Legalisierung auf Bundesebene zu erwirken. Dafür landete er im Gefängnis. Wie gelingt es mit so einem CEO das Unternehmen einigermassen seriös zu führen? 

Mike Bronner: Gottseidank hat jeder von uns Dreien bestimmte Eigenschaften, die die anderen nicht haben. Mein Bruder und ich haben damals das Unternehmen von meiner Mutter gekauft. Sie ist aber in der Geschäftsführung geblieben. Und so gibt es dort jetzt diese Unterschiede an Persönlichkeiten. Meine Mutter ist christlich-konservativ. Mein Bruder ist der Verrückte unter uns, er ist brilliant. Ich selbst stehe eher auf dem Boden der Tatsachen. Alle drei zusammen sind wir das Rollenmodell – nicht so sehr als Einzelpersonen sondern in der Art, wie wir interagieren. Der eine ist in manchem Gebieten besser als der andere, aber nur zusammen bilden wir den obersten Führungskreis unseres Unternehmens. Unsere Mitarbeiter müssen nicht so sein wie David oder wie meine Mutter, und das fühlen sie. Jeder kann sich einen von uns aussuchen, an dem er sich orientieren möchte.

Gero Leson: David ist genial, hochintelligent und verrückt. Doch genau diese Kombination sorgt dafür, dass beispielsweise bei der Weihnachtsfeier alle Mitarbeiter an seinen Lippen kleben, wenn er erzählt, was er wieder alles für Dinge erlebt hat und welche gesamtgesellschaftliche Visionen er hat. Da er und seine Familie auf einen deutlichen Anteil der eigenen Gewinne verzichten, um diese Visionen voranzutreiben, bekommt das alles noch mehr Kraft.

Der CEO, David Bronner, lässt sich vor dem Weissen Haus aus einem Käfig mit Hanf schneiden und danach festnehmen … aus Protest.

Sebastian Purps-Pardigol: Ihr Grossvater, Emanuel Bronner, war auch bereits ein aussergewöhnlicher Mann – ähnlich wie Ihr Bruder …

Mike Bronner: Ja, er emigrierte bereits 1929 noch unter dem Namen Heilbronner in die USA. Tragischerweise blieben seine Eltern in Deutschland und wurden als Juden Opfer des Holocaust. Emanuel strich das „Heil“ aus seinem Namen, um sich innerlich von Hitler zu distanzieren. Durch die persönliche Familiengeschichte wurde es zu seiner Mission, sich für eine Welt ohne Hass und Krieg einzusetzen. Er zog durch die USA und organisierte Vortragsreihen. Als Dank verteilte er zum Schluss immer selbstgemachte Pfefferminzseife. Mein Grossvater stellte fest, dass manche Zuhörer nur der Seife und nicht der Vorträge wegen kamen. Also begann er seine politischen Statements auf die Verpackungen zu drucken, das ist bis heute noch so – schauen Sie sich unsere Verpackungen an!

Sebastian Purps-Pardigol: In den 60er-Jahren hatte das Unternehmen Ihres Grossvaters dann den Durchbruch, da aus der Hippiebewegung eine neue, umweltbewusste Zielgruppe erwuchs, die seine biologischen Seifen mit den politischen Statements mochte …

Mike Bronner: Ja genau – das Ganze verkaufte sich quasi wie von alleine ohne grosse Werbekampagnen. Doch mit dem Ende der Hippiebewegung gingen auch die Umsätze zurück. Mein Grossvater hatte nie so sehr das Geschäft sondern seine politischen Ziele im Fokus. Dazu kamen dann noch Probleme mit der Steuerbehörde … er selbst hatte es jahrelang als eine gemeinnützige Gesellschaft gesehen, die Steuerbehörde beurteilte das anders und brummte ihm eine Nachzahlung von über 2 Millionen Dollar auf. Er war bereits erkrankt und es war absehbar, dass wir von ihm ein Unternehmen mit vier Millionen Dollar Umsatz, jedoch einer Steuerschuld von 2 Millionen Dollar übernehmen müssten … entweder liessen wir die Firma sterben oder wir mussten massiv wachsen.

Sebastian Purps-Pardigol: Sie hatten diesen aussergewöhnlichen Großvater und seine Idee. Aber sie mussten mit dem Unternehmen von vorn beginnen wie ein Startup, obwohl das Unternehmen ja bereits eine ganze Weile existierte. Was von Ihrem Großvater haben Sie als Mindset mit ins Unternehmen genommen? Und was haben Sie selbst entwickelt im Hinblick auf die Frage: „Wie wollen wir Business machen und was ist unser Ziel?“

Mike Bronner: Eine gute Frage. Zunächst möchte ich aber betonen, dass mein Großvater uns wirklich geführt hat. Nicht im Sinne einer Betriebsanleitung, sondern eher im Hinblick auf das Unternehmensziel. Wir sagen oft: Mein Vater und mein Onkel haben die Vision meines Grossvaters umgesetzt. Mein Onkel fuhr mit einem Van durch das Land, sprach mit Kunden und kümmerte sich um bessere Arbeitsbedingungen. Mein Vater arbeitete an der Firma, den Prozessen, den Strukturen … so schafften wir es langsam den Berg hoch. Und dabei hatten wir immer im Fokus: Wie geht es den Mitarbeitern gut. Wir haben beispielsweise das compensation ratio limitiert: Das ist das Verhältnis des durchschnittlichen Gehalts im Unternehmen im Vergleich zum CEO-Gehalt. In den USA liegt das bei über 250 – das heisst: Durchschnittlich verdient ein CEO 250 mal so viel wie seine Mitarbeitenden. Bei uns haben wir dieses Verhältnis auf 5 limitiert. Außerdem zahlen wir unseren Mitarbeitern 15 Prozent „Take home pay“ für ihren Ruhestand.

Sebastian Purps-Pardigol: 15 Prozent ihres Realeinkommens geht also in einen Pensionsfonds?

Mike Bronner: Ja, 15 Prozent zusätzlich zu ihrem Einkommen und zu den Beiträgen zur staatlichen Rentenversicherung. Mein Großvater hat das seinerzeit einfach so gemacht, obwohl es steuerlich nicht einmal begünstigt war. Ich liebe meinen Großvater, aber er schwebte in den Wolken. Als er starb, ahnte er, dass sein Unternehmen keine Erfolgsgeschichte war, bei den Steuerschulden. Über die Hälfte des Betriebsvermögens ging für Steuerschulden drauf. Alle Steuerberater haben uns damals geraten: „Verkaufen Sie alles, sonst wird der Schuldenberg Sie erdrücken.“

 

Bio & Fairtrade – das Kokosöl kommt entweder in die Körperpflegeprodukte oder wird, wenn es besonders hochwertig ist, an Bio-Nahrungsmittelhersteller verkauft.

Sebastian Purps-Pardigol: Gab es eine bestimmte Phase, nachdem Sie das Unternehmen übernommen haben, in der Sie sich gesagt haben: „Wir müssen uns stärker auf unsere Mitarbeiter fokussieren!“, oder gab es diese Idee schon von Anfang an?

Gero Leson: Der Fokus auf die Mitarbeiter war immer da. Was uns beim Wachstum eine Zeit lang fehlte, waren die Strukturen. Wir waren wirklich chaotisch. Ein Beispiel: Wir tauschen ja gerne die Etiketten unserer Seifen für politische Statements aus, die wir vermitteln wollen. Es gab tatsächlich eine Phase, in der Veränderungen an den Etiketten zehn Anläufe und Revisionen brauchten. Wir waren zu gross, um im Management all den zusätzlich entstandenen Aufwand geschultert zu bekommen und zu unstrukturiert, um die zusätzliche Last gut delegiert zu bekommen. Glücklicherweise haben wir das seit ein paar Jahren aber endlich im Griff.

Mike Bronner: Wir schauen permanent, was wir für unsere Mitarbeiter tun können. Wir leben in San Diego, Kalifornien. Um in dieser Gegend ein durchschnittliches Haus zu kaufen, hätten Sie vor 18 Jahren etwa 20 Prozent Ihres Einkommens aufwenden müssen. Heute sind es rund 60 Prozent – so sehr sind die Kosten in San Diego gestiegen. Darum müssen wir unsere Leistungen für unsere Mitarbeiter permanent neu bewerten. Wie können wir einen 25-Jährigen dazu bewegen, bei uns zu arbeiten? Wie soll er sich in dieser Gegend ein Haus leisten können? Unser Unternehmen kann seine Situation stark verbessern. Der Block, in dem ich wohne, wurde im Jahr 2001 für 350 000 Dollar gebaut. Ich habe mein Haus dort zu etwas anderen Marktkonditionen im Jahr 2010 für 700 000 Dollar gekauft. Derzeit denken wir über einen Zehn-Jahres-Bonus in Höhe eines Jahresgehalts nach: Alle zehn Jahre sollen die Mitarbeiter ein Jahresgehalt extra bekommen, um sich das Wohnen in der Gegend langfristig leisten zu können.

Sebastian Purps-Pardigol: Gab es Dinge, bei denen Sie gedacht haben: „Das sollte gut sein für die Beschäftigen“, aber dann mussten Sie es einstellen, weil Sie gemerkt haben: Das macht nicht wirklich einen Unterschied?

Mike Bronner: Ja (LACHT). Vor vier Jahren haben wir ein Lunch-Programm für Mitarbeiter begonnen. Dr. Bronner hat Bio-Mahlzeiten für alle Beschäftigten organisiert. Aber niemand hat mitgemacht, alle gingen nach wie vor zum Taco-Truck. Also haben wir das Gespräch mit dem Taco-Truck gesucht und haben dort gefragt: „Könnten Sie Ihre Tacos mit Bio-Zutaten zubereiten?“

Sebastian Purps-Pardigol: Was haben Sie unerwartetes tun müssen, um mit dem ganzen Wachstum der letzten Jahre gut zurecht zu kommen?

Gero Leson: Es gab schon immer eine offene Diskussionskultur im Management – gerade zwischen Mike und David. Letztlich sind alle unterschiedlichen Meinungen jedoch schnell erledigt gewesen. Mit der zusätzlichen Belastung des Wachstums wurde der Druck so gross, dass aus Diskussionen gerne auch mal Konflikte wurden … und das war für eine Zeit lang eine weitere zusätzliche Belastung. Wir – das gesamte Management-Team – ist im letzten Jahr durch ein intensives Entwicklungsprogramm gegangen. Wir haben uns Einzeln und als Gruppe coachen lassen … das war wirklich fruchtbar, hat Konflikte auf den Tisch gebracht, alternative Sichtweisen und Lösungen angeboten und es läuft seitdem wieder viel besser.

Ein Drittel der Gewinne investiert das Unternehmen für philanthropische Zwecke – wie beispielsweise ein neues Schiff für die Umweltschutzorganisation Sea Shepherd.